26,27% Lohnunterschied. Mehr als ein Fünftel weniger! Diese Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Dieser Prozentsatz beschreibt den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen in Oberösterreich. Und zwar nicht im Jahr 1865, sondern jetzt, heute und hier. Eigentlich unglaublich. Eigentlich eine Frechheit. Eigentlich unpackbar.
Frauen arbeiten in Oberösterreich ab dem 25. September gratis. Fair? Nö. Das Umdenken passiert im Schneckentempo. Teilweise wird sogar rückwärtsgedacht. Nicht einmal seitwärts, sondern rückwärts. Bestimmten politischen Kräften ist es schon ein Dorn im Auge, dass Frauen überhaupt der Erwerbsarbeit nachgehen. Das Bild der sich aufopfernden Mutter, die bedingungslos für die Familie da ist und sich in permanenter Abhängigkeit befindet, sollte eigentlich schon gestern der Vergangenheit angehört haben. De facto ist dem nicht so. In Online-Foren liest man immer noch Stimmen, die es gewissermaßen zur Frechheit erklären, wenn Frauen sich bewusst dazu entscheiden, mit oder ohne Kinder eine Karriere zu verfolgen. „Rabenmutter“ heißt es. „Karrieregeile Weiber“ liest man. Karriere als Dimension, die bei Männern ein Erfolg, bei Frauen negativ konnotierte Selbstverwirklichung sind. „Frauen kriegen nun einmal die Kinder! Das ist doch nur natürlich. Da ist es doch klar, dass Frauen daheimbleiben wollen. Wehrt euch nicht dagegen!“ Die Argumentation mit der „Natürlichkeit“ ist ein klassisches Totschlagargument. Das Gebären und der Nesttrieb als Begründung reaktionärer politischer Forderungen kommt bei Diskussionen um die Gleichstellung aller Geschlechter meist ganz zum Schluss. Und ganz ehrlich: Es nervt! Männer arbeiten härter, länger und zielstrebiger. Tatsächlich? Männer die fordern, sind Macher! Wenn Frauen fordern, sind sie impertinent. Tatsächlich?
Dieses Denken zu durchbrechen wird vermutlich noch lange dauern. Die Forderung nach Gleichstellung kann aber dennoch keine Forderung sein, die ausschließlich von Frauen vertreten wird. Frauensolidarität heißt auch Geschlechtersolidarität. Jene aufgeklärten Männer, die die Gleichstellung fordern und leben sind Verbündete. Sie zeigen, dass es auch anders geht. Sie sind bisweilen den gleichen Anfeindungen ausgesetzt. Da hilft schlicht nur der Zusammenhalt und das Bestreben, sich dort Unterstützung zu holen, wo sie angeboten wird. Vom Durchhaltevermögen abgesehen. Wenn wir einen Ausbau der Kinderbetreuung fordern, ist das nichts, was nur und ausschließlich Frauen betrifft. Es betrifft deswegen vermehrt Frauen, weil sie noch immer zu zwei Dritteln die sogenannte „Care-Arbeit“ leisten: Pflege von Angehörigen, Betreuung der Kinder, Haushalt. Aber am Ende des Tages kommt eine gute ausgebaute Kinderbetreuung uns allen zugute. Und zwar in gleichem Maße wie eine Arbeitszeitverkürzung. Während die einen sich an den Rand der Depression hackeln und 52 Millionen (!) unbezahlte Über- sowie Mehrstunden leisten, entspricht das gleichzeitig einem Volumen von 30 000 Vollzeitarbeitsplätzen. Etwas schief, das Ganze. Nicht nur in der Optik.