Rund um die Landtagswahl in Niederösterreich und die Causa Landbauer ist interessant, welche Argumente nun in der Öffentlichkeit von unterschiedlichen Playern aus Politik und Journalismus gespielt werden. Ein kleines Bullshitbingo und welche Argumente mir dazu einfallen:

1. Die FPÖ hat ein niedrigeres Ergebnis eingefahren als prognostiziert

Jo eh. Trotzdem haben sie sich verdoppelt. In Anbetracht dessen, was rund um den Spitzenkandidaten Udo Landbauer da so rausgeapert ist stellt man sich als aufgeklärter Mensch, der grundsätzlich etwas gegen rechtsextremeund menschenfeindliche Ideologien hat schon die Frage, was sich gut 15% der NiederösterreicherInnen bei ihrer Entscheidung gedacht haben. Haben sie Landbauer trotz oder wegen dem gewählt, was vom Falter aufgedeckt wurde? Vermutlich eine Mischung. Und beides bedenklich. Das eine ist nicht besser als das andere. Und nüchtern gesprochen dem öffentlichen Diskurs geschuldet. Einer Mischkulanz aus Themensetzung („Flüchtlingskrise“, „Flüchtlingswelle“, „Flüchtlingstsunami“, „Boot ist voll“, „Ängste ernstnehmen“), Dominanz des Boulevard und fehlender oder eher nicht durchsetzbarer Gegenerzählung.

2. Die ewige „Nazikeule“ schadet mehr als sie nützt

Jetzt muss man die Frage stellen, wem man den Vorwurf macht. Denen, die sich nicht glaubhaft von entsprechendem Gedankengut distanzieren oder jenen, die die auf Basis von fundierten Recherchen einfach darstellen, was ist: Es gibt das Liederbuch plus einschlägigem Inhalt einer immer wieder auffälligen Burschenschaft, deren stellvertretender Vorsitzender Udo Landbauer ist/war. Das Buch ist ja Symptom einer generellen Grundhaltung. Selbst wenn Landbauer das Buch nicht gekannt haben sollte, hat er den Geist seiner Verbindung dennoch mitgetragen. Und auch der war bekannt. Lange nach Landbauers elftem Geburtstag und während seiner aktiven Zeit in der Germania.
Davon abgesehen ist der Begriff „Nazikeule“ einer, der vornehmlich von jenen verwendet wird, die in dieser Ideologie kein Problem (oder ein vernachlässigbares) sehen.

3. Nur weil jemand FPÖ wählt, ist er noch lang kein Nazi

Kurz beantwortet: Jo eh. Aber er heißt diese Tendenzen automatisch durch seine Stimme gut. Entweder das ganze Paket oder Stimmabgabe für eine andere Partei. Gibt ja genug Auswahl.
Zudem beginnt die demokratiepolitische Bedenklichkeit schon lange vor der Verherrlichung bzw. Gutheißung von NS-Ideologie. Dinge wie Führerprinzip, Sündenbockpolitik, Kritik der Menschenrechte, Infragestellen des aktiven und passiven Wahlrechts, Infragestellen des Parlaments und seiner Abgeordneten, Xenophobie, Frauenfeindlichkeit etc.pp. sind schon schädlich und gesellschaftsspaltend genug.

4. Das ist alles eine Schmutzkübelkampagne

Landbauer wurde nicht dazu gezwungen, in diese Burschenschaft mit einschlägiger Ideologie einzutreten. Und die Germania wurde nicht dazu gezwungen, dieses Liederbuch herauszugeben. Die JournalistInnen haben ihre Arbeit gemacht und recherchiert. Der Beißreflex in Richtung Medien ist nichts anderes als der Wunsch nach Einschränkung der Pressefreiheit durch Diskreditierung der JournalistInnen. Simpel.

5. Wir müssen trotzdem die Ängste und Sorgen der Menschen ernstnehmen

Das kann man auch tun, indem man nicht die Erzählungen von Rechtsaußen übernimmt. Stichworte: „Ausländerproblematik“, „Asylmissbrauch“, „Sozialmissbrauch“, „Sozialschmarotzer“, „soziale Hängematte“, „leistungsunwillig“. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Andi Babler hat in Traiskirchen gezeigt, dass man sich dieser Logik auch entgegenstellen und trotzdem politische Erfolge einfahren kann. Und wenn ich diese Forderung höre, muss ich außerdem sagen, dass dieses „Ernstnehmen“ vor allem in der Kommunalpolitik jeden Tag passiert. Hier werden Probleme gehört, nach Lösungen gesucht und bisweilen ist man auch Kummerkasten, tröstet, gibt Kontakte weiter und stellt offene Ohren zur Verfügung. Und muss auch dagegenreden, wenn zum Beispiel auf Ausländer hing’haut wird. Jedem recht zu geben ist nicht die Form von Respekt, die sich jeder und jede von uns verdient. Streitbarkeit und Haltung sind vor allem dort angebracht, wo Entsolidarisierung droht.

Ihr habt die Fünf voll? Dann Gratulation: BINGO!

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