„Leistung muss sich lohnen“, „Leistungsträger“, Leistung hier, Leistung da. Insgesamt ja äußerst spannend, wie hierzulande in der öffentlichen und medialen Debatte beziehungsweise von Seiten der Regierung der Leistungsbegriff verwendet wird. Nämlich folgendermaßen: Leistung = Erwerbsarbeit, für die man möglichst viel Geld bekommt. Und zwar exklusiv. NUR das soll Leistung sein. Je mehr Geld, desto größer die Leistung. Ach tatsächlich?

Was soll sich hier wer denken? Was soll sich hier die Alleinerzieherin denken, die – atypisch beschäftigt und schlecht bezahlt – trotzdem ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglicht? Was soll sich der Depressive denken, der sich nach langer Zeit und mit viel Mühe wieder zurück ins Leben gekämpft hat? Was soll sich der Behindertenbetreuer denken, der trotz zig Überstunden mit ständig wechselnden Tag-, Wochenend- und Nachtdiensten und permanenter Erschöpfung seinen Klient*innen einen selbstbestimmten Alltag und eine hochwertige Betreuung ermöglicht? Und das für alles andere als ein Managergehalt. Was soll sich die Ehrenamtliche denken, die in ihrer Freizeit unbezahlt Deutschkurse gibt oder bei der freiwilligen Feuerwehr um zwei Uhr in der Früh zum nächsten Einsatz rast? Was sollen sich diejenigen denken, die trotz 40h-Job zu wenig verdienen, um Lohnsteuer zu zahlen, wenn man meint, sie wären nicht entlastungswürdig? Was sollen sich die Menschen denken, die trotz hunderter Bewerbungen und der erfolgreichen Absolvierung von Umschulungen und Kursen keine Chance kriegen? Was soll sich die Uniabsolventin denken, die trotz Studium und zig Praktika nur einen befristeten und schlecht bezahlten Teilzeitjob bekommt? Was sollen sich jene denken, die zu Hause ihre Angehörigen Tag und Nacht pflegen? Was soll sich die ehrenamtliche Rettungssanitäterin denken, die große Verantwortung trägt und oft genug mit dem Tod zurechtkommen muss?

Wos is a Leistung?

Leistung ist Bewältigung. Leistung ist, einen Schritt nach dem anderen zu schaffen. Leistung ist, wenn man trotzdem lacht. Leistung ist, wenn man verzeihen kann. Leistung ist, wenn man um Hilfe bitten kann. Leistung ist, wenn man Herausforderungen bewältigt. Auch wenn man strauchelt und stolpert. Eine Herausforderung kann vielfältig sein. Und sie ist zutiefst individuell. Das Dogma „viel Leistung = viel Kohle“ ist der große Bruder von „man muss sich nur ganz fest anstrengen, dann kann man alles schaffen“. Eine Erzählung, die impliziert, Arme seien doch selber schuld. Sie seien nur nicht leistungsfähig genug. Und hätten ihre Situation verdient. Nichts anderes als Sozialdarwinismus. Du bist krank? Selber schuld. Du hast deinen Job verloren? Selber schuld. Du kommst aus keiner Familie, die dir eine gute Ausbildung bezahlt? Selber schuld. Du wurdest mit deinen Kindern sitzen gelassen und findest keinen Job, weil es keine Kinderbetreuung gibt? Selber schuld. Du kannst dir die Miete deiner Wohnung nicht leisten? Dann schaff dir Eigentum. Du verdienst zu wenig? Dann verdien gefälligst mehr. Du hast kein Brot? Dann friss gefälligst Kuchen.

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