Heute ist der 25. November. Der „International Day for the Elimination of Violence against Women*“. Und dies hier wird keine Rezitation von Zahlen der von Gewalt betroffenen Frauen*, Statistiken gerichtlicher Urteile und Freisprüche oder Dunkelziffern. Wir lesen all das. Seit Jahrzehnten. Wir kennen die Zahlen.
Dies hier wird eine Brandrede, die überfällig ist. Die auf dieser Welt zigfach von Frauen* gehalten wird. Die von Frauen*rechtlerinnen und Betroffenen gelebt wird, die dafür immer und immer und immer wieder angegriffen, kleingemacht und bedroht werden. Dies wird eine Brandrede gegen jene cis-Männer, die durch ihr Handeln und ihre Uneinsicht, durch ihr Klatschen und Relativieren jedes einzelne Mal signalisieren: „Ihr Frauen* gehört uns. Was wir euch antun, ist würdig und recht. Wie wir mit euch umgehen, bestimmen wir. Und auch das ist würdig und recht. Denn die Deutungshoheit darüber, was sein darf und was nicht, gehört immer noch uns“.
Blaue Flecken, gebrochene Knochen, zerrissene Organe, gequetschte Muskeln, zerfetzte Geschlechtsorgane, zerschnittene Brüste, zertrümmerte Gesichter, Tod: Täter hämmern Frauen* ihren Hass in die Körper. Oftmals bleiben sichtbare Narben, Behinderungen oder ein Sarg. Reden wir über den Beginn und die Ursache von all dem: dem Hass gegen Frauen*.
Wir wissen, dass am Beginn jeder physischen Gewalt der Spott, Abwertung und die psychische Gewalt stehen. Frauen* werden im Nachthemd aus der Wohnung ausgesperrt, vor Freund*innen und in der Öffentlichkeit bloßgestellt, kleingemacht, bedroht, erniedrigt. All das fällt nicht einfach so vom Himmel und Frauen* haben das nicht zu ertragen, einfach weil sie Frauen* sind. Wenn dann unterstellt wird, Frauen* würden Gewalt gegen sie auch noch provozieren, weil sie sich wehren/nicht wehren, drüber sprechen/schweigen, sie sichtbar machen oder eben nicht (ihr merkt, richtig machen können es Frauen* ohnehin nicht), ist das Symptom von etwas viel Größerem, Niederträchtigerem und so tief in unserer Gesellschaft Verwurzeltem, das nicht erst seit #metoo offen auf dem Tisch liegt: der Tatsache, dass die Anfänge all dieser Gewalt in einer Missachtung und Geringschätzung liegen und Frauenhass Teil unserer Gesellschaften ist. Und immer noch heißt es nicht „wir graben tiefer, um die systemischen Ursachen von Gewalt gegen Frauen* breit offenzulegen“ sondern „warum regen sich diese Zicken von Frauen*rechtler*innen immer noch auf, die rechtliche Gleichstellung ist ja eh Realität. Und übrigens #notallmen“.
Am Beginn all dieser Gewalt stehen die dreckigen Witze, die Relativierungen, die „war ja nicht so gemeint“s und vor allem die fehlenden Konsequenzen für diesen systemimmanenten Frauenhass. Wer die Selbstermächtigung von Frauen* abwertet, braucht sich dann nicht hinstellen und ein betroffenes Gesicht machen oder Trauertweets absondern, wenn wieder eine Frau* vom Exmann ermordet wird und in Zeitungen dann von „Beziehungsdrama“ die Rede ist. Der, dessen Solidarität nicht weiter reicht als bis zur eigenen Nasenspitze, kann sich selbige gleich sparen. Diese Solidarität brauchen wir Frauen* nicht. Denn sie ist unehrlich, heuchlerisch und lediglich ein Feigenblatt dafür, schlicht am Bestehenden nichts ändern zu wollen. Denn dann müsste Mann ja vielleicht sogar bei sich selber anfangen mit der Reflexion. So weit ist’s dann doch nicht her mit der Soli. Und ach ja, ich vergaß: #notallmen.
Ihr möchtet etwas ändern? Ihr Männer da draußen? Wirklich? Dann widersprecht, wenn der nächste sexistische Witz in eurer Umgebung fällt. Schreitet ein, wenn ihr im beruflichen oder privaten Umfeld merkt, dass eine Frau* bedrängt wird. Seid solidarisch und hört auf, Frauen* zu erklären, was Sexismus ist. Hört zu. Reflektiert. Hört auf damit, euch Sorgen um die Existenz von Tätern zu machen und fragt einfach, wie ihr Betroffene unterstützen könnt. Hört auf, die Frauen*, die sich trauen sich öffentlich zur Wehr zu setzen (um etwas zu verändern, genau dafür gehen diese Frauen* in die Öffentlichkeit und das bedarf so vielen Mutes, ihr habt echt keine Ahnung, wie viel) als „gestört“, „hysterisch“, „psychotisch“ oder „krank“ zu stigmatisieren. Und lasst die „guten Ratschläge“ bitte einfach stecken. Sie helfen in keinster Weise. Steht auf, wenn ihr merkt, dass eine Täter-Opfer-Umkehr betrieben wird und benennt diese Umkehr. Hört auf, bei Morden an Frauen* von „Familiendrama“ oder „Beziehungsdrama“ zu reden und zu schreiben. Macht euch in euren Redaktionen stark dafür, dass solche Headlines hinterfragt werden. Unterstützt uns in unserem Kampf gegen Windmühlen und fragt nach, wenn ihr merkt, dass Frauen*, die diesen Kampf jeden Tag führen anfangen, sich zurückzuziehen. Denn dann stecken dahinter meist reale Bedrohungen und Einschüchterung. Geht mit offenen Augen durch euer Leben und wenn ihr unsicher seid, fragt nach, wie ihr helfen könnt.
Denn was uns Frauen* angetan wird, beginnt mit Erniedrigung, Lächerlichmachen, Stumm-und-klein-Halten und Einschüchterung. Und kann enden mit Vereinsamung, Trauma, Verletzung und im schlimmsten Fall Tod.