Am 9. Mai 2019 durfte ich bei der Donnerstagsdemo in Salzburg sprechen: Über die Kultur der Unkultur, die schwarzblaue Regierung und radikale Forderungen. Hier der Redetext.

Mitkämpferinnen und Mitkämpfer! Ihr wundervollen solidarischen Menschen! Ich stehe heute hier unter euch und ich will über Kultur sprechen.

Kultur heißt Beteiligung, Kultur heißt Teilhabe, Kultur heißt progressiv zu sein im Denken und Handeln. Kultur heißt Antirassismus. Kultur heißt Solidarität. Kultur heißt, Seite an Seite zu stehen mit Marginalisierten, mit LGBTIQ-Aktivist*innen, mit People of Colour, mit Armutsbetroffenen – mit all jenen, die durch die Unkultur dieser Regierung ins Abseits gedrängt werden sollen.

Diese schwarzblaue Regierung hat einen Kulturkampf begonnen. Einen Kampf gegen die Solidarität, einen Kampf gegen die Schwachen und Unsichtbaren, die sie noch unsichtbarer machen wollen. Sie wollen Menschen, die dem neoliberalen Leistungs- und Ellbogenprinzip nicht entsprechen wollen oder können, aus der Gesellschaft abdrängen. Sie wollen uns Empathie und Solidarität abgewöhnen, indem sie uns mit Existenzängsten beschäftigt halten, während sie an sozialstaatlichen und demokratischen Errungenschaften sägen.

Es ist eine Unkultur!

Eine Unkultur, wo all jene, die als „die anderen“ punziert sind, als Bedrohung hingestellt werden.

Eine Unkultur, wo Seenotrettungsaktionen als „NGO-Wahnsinn“ verunglimpft werden.

Eine Unkultur, wo Armutsbetroffene als „arbeitsunwillig“ hingestellt werden.

Eine Unkultur, wo Feminismus und der Einsatz der Queer- und Trans-Aktivist*innen als „Genderwahn“ abgewertet wird.

Eine Unkultur, wo fahnenwachelnd und schunkelnd Rassismus und Hass und Angst geschürt werden.

Ich lebe in Oberösterreich. Wo durch die Recherchen zur „Villa Hagen“ in Linz die Verbindung und Überlappung von FPÖ und Identitären endlich breitenwirksam öffentlich gemacht wurde. Wo zwei der einschlägig rechtsextremen Medien erscheinen: Wochenblick und Info Direkt. In beiden fanden und finden sich Inserate der FPÖ. Oberösterreich, wo zwei Mal rechtsextreme Kongresse stattfanden. 2016 sprach dort Innenminister Herbert Kickl. Medien der Unkultur! Ein Kongress der Unkultur! Lange bevor Schwarzblau im Bund eine Regierung bilden konnte, war Schwarzblau in Oberösterreich schon Realität. Oberösterreich ist Spitzenreiter bei den rechtsextremen Delikten. In einer Unkultur wächst Unkultur. Unkultur macht Unkultur groß. Unkultur macht Unkultur mächtig.

All diese rechtsextremen Verstrickungen und Verwicklungen sind nicht neu. Wir kennen sie seit Jahren, diese Unkultur.

Die Unkultur der FPÖ ist nicht neu. Sie ist der Kern dieser Partei, die jetzt wieder in Regierungsverantwortung sitzt. Doch vergessen wir nicht, dass die ÖVP und Kanzler Kurz all das zulassen. Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobel schrieb unter dem Titel „Monster mit Manieren“ im Jänner im Falter:

„Die Bürgerlichen bekennen sich im Gegensatz zu Neonazis oder Rechtsextremen nicht zu einem offenen Schnitt, sondern haben das eigene Kippen in Grausamkeit und Niedertracht schlichtweg zum einzig logischen Handlungsset stilisiert. Wenn die Proleten nicht hackeln wollen, dann muss man ihnen eben kurzum Existenz und Geld rauben. (…) Mit Sebastian Kurz ist nun ein ÖVP-Politiker am Ruder, der die rohe Bürgerlichkeit zur Handlungsmaxime erhoben hat. Gleichzeitig formuliert Kurz politische Maßnahmen, die sich in Inhalt und Konsequenz kaum von jenen offen rechtsextremer Parteien unterscheiden. Menschenfeindliche Sprache wird für ein bürgerliches Publikum umformuliert und im entsprechenden Habitus vorgebracht.“

Es ist die Unkultur des vorgeschobenen Benimms in Anzug und Krawatte – nicht weniger menschenverachtend, nicht weniger diskriminierend. Es ist die rohe Bürgerlichkeit mit schickem Schleifchen, die uns schneller in die Illiberalität befördert als wir glauben. Es ist das ohrenbetäubende und nervenzerfetzende Schweigen, das mich manchmal verzweifeln lässt.

Wir sind aber nicht hier, um zu verzweifeln! Wir sind die Vielen! Wir sind die Kultur der Solidarität und Empathie. Wir sind die Kultur des Unbequemen! Und wir sind die Kultur des Mutes! Wenn diese Regierung, diese Parteien, diese Propaganda den Menschen neben mir attackieren, attackieren sie mich! Ich nehme diese Unkultur persönlich. Ich bin nachtragend in diesen Dingen, das könnt ihr mir glauben.

Es ist an der Zeit, radikal zu werden! Radikal in der Kultur der Pressefreiheit, radikal in der Kultur der Gerechtigkeit, radikal in der Kultur der Solidarität, radikal in der Kultur des Sich-nichts-Gefallen-Lassens, radikal in der Kultur der Empathie, radikal in der Kultur, sich bedingungslos an die Seite der Marginalisierten zu stellen!

Es liegt an uns, aus der Unkultur Kultur zu machen! Wir sind gefordert, jeden Tag Widerstand zu leisten. Wir sind gefordert, nicht zu dulden! Wir sind Kultur, wir sind wieder Donnerstag und wir sind FIX ZAMM!


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