Eine Antwort von Daniela Brodesser auf den am 18. November 2019 auf standard.at erschienen Kommentar von Eric Frey.

Im ersten Teil des Kommentars merkt Herr Frey selbst an, dass mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) der Staat Verwaltungsaufwand einsparen würde, dass Studien inzwischen belegen, Menschen würden sich nicht “auf die faule Haut” legen und viele Jobs (wobei der Sozialbereich sicher nicht ungeliebt, sondern einfach unterbezahlt ist) angemessen entlohnt werden müssten. So weit, so gut. Bis hier konnte ich dem Kommentar noch einiges abgewinnen. Doch was dann folgt, kann und will ich so nicht stehen lassen. Es ist eine durchwachsene Aufzählung, in der Leistungen vermischt und Menschen stigmatisiert werden.

Der Wohlstand eines Staates müsse Tag für Tag von den Menschen erwirtschaftet werden, was beim BGE nach Meinung von Herrn Frey anscheinend nicht der Fall wäre. Wie er jedoch weiter oben selbst erwähnt, belegen Studien das Gegenteil, denn die Menschen wollen trotz Grundeinkommen weiterhin arbeiten.

Auch, dass das BGE Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen über einen Kamm scheren würde, ist meiner Meinung nach weder nachvollziehbar noch entspricht es der Grundidee. Denn Pflegegeld wird auch dann, genauso wie Lohn, unabhängig vom Grundeinkommen ausbezahlt. Anders als bei der Mindestsicherung bzw. der neuen Sozialhilfe, bei der jegliches Zusatzeinkommen angerechnet wird.

Nun folgt meine Lieblingsstelle: “Österreich habe durch die Mindestsicherung bereits ein Art Grundeinkommen!”. Er verwechselt hier zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze der Armutsbekämpfung. Während die „bedarfsorientierte Mindestsicherung“ (BMS) das letzte Auffangnetz für Betroffene ist, bedeutet das Grundeinkommen Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und vor allem Freiwilligkeit. Es bedeutet auch einen massiven Rückschlag für den gesamten Niedriglohnsektor, für Scheinselbständigkeit und Ausbeutung. Denn die Menschen sind dann nicht mehr angewiesen auf solche Jobs.

Arbeitslosigkeit ist in der Weltanschauung eines Herrn Frey anscheinend gleichzusetzen mit Untätigkeit. Arbeitslosigkeit, Abhängigkeit von der Willkür so mancher Sachbearbeiter_innen, Existenzängste…das ist die Realität eines Lebens in der Mindestsicherung. Im Hinblick auf die aktuellen Zahlen (auf 76.000 offene Stellen kommen 354.000 Arbeitssuchende) von Arbeitslosen als Untätige sprechen, die ihre Fertigkeiten verlieren würden, gäbe es den Sozialstaat nicht, ist einfach ausgedrückt mehr als beschämend. Die BMS betrifft aber auch prekär Beschäftigte, die aufstocken müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Wie oben erwähnt, würde sich mit dem BGE dieser Niedriglohnsektor massiv verändern, da die Angst der Beschäftigten vor einer Kündigung samt den existenziellen Folgen entfällt.

Als ehemals Betroffene, die weiß, was Armut bedeutet, die durchlebt hat, dass Arbeitslosigkeit alles andere als Untätigkeit ist, und die genau mit solchen Anschauungen, Vorurteilen und Stigmata zu kämpfen hatte, würde ich ein Grundeinkommen sehr begrüßen. Es verbessert das Leben vieler. Nicht nur Arbeitsloser, sondern auch prekär Beschäftigter. Ich denke nicht, dass die Finanzierbarkeit für den Staat das wirkliche Problem wäre, aber die Nicht-mehr-Erpressbarkeit der Arbeiter_innen sehr wohl ein großes für so manche Wirtschaftstreibenden.

Selbstbestimmung schlecht zu reden ist für Betroffene von Armut, Arbeitslosigkeit oder prekärer Arbeit nicht nur falsch, sondern auch ärgerlich!

KatQuat Armut & Ungleichheit, Gesellschaft

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